Kapelle zur Hilligen Seele - Haxtergrund - Schloß Hamborn - Hillige Seele, Alter Pilgerweg (kurze Variante), 15 km » Zur Kartenansicht « Höhenprofil WanderberichtHeute ist - zumindest meteorologisch gesehen - der letzte Sommertag. Obwohl es draußen bereits nieselt und für den Tag immer wieder Regenschauer angekündigt sind, beschließe ich spontan, den alten Pilgerweg an der "Hilligen Seele", einer wunderschönen kleinen Kapelle in Dörenhagen bei Borchen, in Angriff zu nehmen. Mein Knöchel macht mir immer noch Ärger. Vorsichtshalber nehme ich eine Schmerztablette und stecke noch eine weitere ein, denn heute erwarten mich immerhin 20 km. Notfalls kann ich gegen Ende der Tour auch noch um 5 km abkürzen, falls es gar nicht anders gehen sollte. Es ist relativ kühl und so darf meine Windhündin Gipsy auch mit. Als ich an der kleinen Kapelle ankomme, erwartet mich eine unangenehme Überraschung: Ein Treckertreffen direkt an der Kapelle ist angesetzt. Ganz nachvollziehen kann ich es nicht, dass an einem Sonntagvormittag vor einer Kapelle ein Treckertreffen genehmigt wird, aber gut. Ein sehr unangenehmer Zeitgenosse sagt mir, ich solle gefälligst woanders parken. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass man so etwas auch freundlicher formulieren könne und habe fast Lust, einen Streit anzufangen. Aber das würde meine Erinnerung an diese kleine Kapelle trüben und da ich nicht vorhabe, in naher Zukunft wieder hierher zu kommen, fahre ich einfach hundert Meter weiter. Dort parke meinen Wagen - ohne dem Kerl (der mir hier schon öfter negativ aufgefallen ist) meine Meinung zu sagen - unter den Bäumen am Wegrand, wohin mir bereits der nächste Wanderer mit seinem PKW folgt. Der alte Pilgerweg ist sowohl in seiner kurzen als auch in der längeren Variante mit mittlerer Kondition gut zu bewältigen. Die Wege sind gut ausgebaut, meist geschottert und stellenweise sogar asphaltiert. Nur an wenigen Stellen ist es matschig, festes Schuhwerk sollte man aber schon dabei haben. Obwohl es auf der Fahrt hierher mehrfach geschauert hat, ist es jetzt trocken. Gipsy und ich machen uns auf den Weg. Es geht den Gembrisweg hinab, links ein Wäldchen, rechts offenes Feld, vorbei an einer Scheune und einem Annenbildnis. Trotz der schlechten Wettervorhersage sind viele Spaziergänger unterwegs, und ich bin froh, wieder alleine zu sein, als ich vom Stapelsgrund auf einen Pfad einbiege, der mich etwas steiler in den Wald hinauf führt. Kurz darauf geht es am Waldrand entlang. Rechts liegen die Felder mit den majestätisch aufragenden Windrädern. Ein Linienflugzeug vom nahen Flughafen düst über mich hinweg, ehe ich Richtung Haxtergrund wieder in den Wald abbiege. Der Weg führt mich an der Gaststätte Weyher vorbei bis zur "Schönen Aussicht", hier beginnt offiziell der Alte Pilgerweg. Weiter geht es zunächst durch Mischwald, und oberhalb des Ellerbachs an Weiden und Feldern vorbei. Wer mag, kann hier vom auf den asphaltierten Grundweg abbiegen, der direkt am Ellerbach entlang führt. Das ist vielleicht gerade an sehr nassen Tagen und matschigem Pfad eine Alternative. In einiger Entfernung höre ich die Trecker, die wie in einer Prozession durch die Natur tuckern. Ich laufe am Höllengrund vorbei durch den Quergrund, verweile für einen Moment an der Marienstatue und biege Richtung Schloß Hamborn ab. Ich überlege kurz, auf ein alkoholfreies Weizenbier in ein Café einzukehren, entscheide mich aber dagegen. Der Weg ist bestens ausgeschildert, lediglich am Schloß Hamborn wäre ich beinahe falsch weitergewandert. Hier geht der Weg direkt hinter dem Schloß nach links über eine schmale, steile Treppe hinab. Das Schild, welches auf den Pilgerweg hinweist, ist an dieser Stelle leicht zu übersehen. Mein Knöchel meldet sich wieder unangenehm zurück. Ich nehme die nächste Schmerztablette, aber so recht helfen will sie nicht. Schließlich erreiche ich die Stelle, wo man den Pilgerweg, der eigentlich 20 km lang ist, auf 15 km abkürzen kann. Ich habe Durst. Im Gegensatz zu Gipsy, die ihren Durst in diversen Pfützen stillen konnte, habe ich mir nichts zu trinken mitgenommen. Hätte ich doch im Café in Schloß Hamborn eine Pause eingelegt! Aber das nützt nun nichts. Ich hadere kurz mit mir, gebe dann aber meinem Stolz den Laufpass - und nehme die Abkürzung. Es folgt ein langes Waldstück, was - von den Hügelgräbern einmal abgesehen - wenig Abwechslung bietet und einem Gelegenheit gibt, ein wenig in seine Gedanken zu versinken. Doch auch das gelingt nicht so recht. Mein Fuss tut höllisch weh, der Fotorucksack drückt und Gipsy benimmt sich auch nicht gerade damenhaft an der Leine, offenbar ist hier viel Wild unterwegs. Da kommt mir jemand mit seinem Hund entgegen. Schon aus der Entfernung sehe ich, dass Herrchen seine Begleiterin nicht wirklich im Griff hat. Ich nehme Gipsy kurz und gehe auf der anderen Seite des Wegs weiter, um denen nicht in die Quere zu kommen, da wechseln Hund und Herr auch schon auf "unsere" Seite und kommen direkt auf uns zu. "Entschuldigung, mein Hund ist etwas komisch!" ruft mir das Herrchen zu. 'Du aber auch', denke ich, überlege kurz, ob ich ihn frage, was das soll (er hätte ja auf der anderen Seite bleiben können). Aber ich wechsele wieder die Seite und gehe wortlos an ihm und seiner "Lara", die nun ordentlich "Trara" macht, vorbei. Es ist erschreckend, wie viele Menschen mit Hunden spaziergehen (oft ist es umgekehrt), denen sie nicht gewachsen sind. Vermutlich klinge ich jetzt wie ein Klugscheißer, aber es ist wirklich so. Nachdem ich wieder das freie Feld erreiche, meldet sich das erste Donnergrollen. Der Himmel hat sich bedenklich zugezogen und dunkle Wolken verkünden nichts Gutes. Ich bin glücklich, als ich über einem Maisfeld die Baumwipfel der Linden entdecke, die um die Kapelle zur hilligen Seele herum stehen. Viel weiter hätte ich es heute nicht geschafft. Gipsy wird schon mal im Kofferraum geparkt, während ich noch ein paar Fotos von der kleinen Kirche mache. Eine ältere Dame beobachtet mich dabei. Sie hat Tränen in den Augen, als sie mich anspricht, ob ich ihr irgendwie die Fotos zur Verfügung stellen könne. Ihr Mann ist sehr krank und sie wollte wohl etwas von diesem Tag mitnehmen, was ihr Kraft und Zuversicht verleiht. Da sie keinen Computer hat, verspreche ich ihr, Bilder per Post zu schicken, nachdem sie mir ihre Adresse gegeben hat. Ich bin sicher, dass sich alles zum Besten wenden wird und wünsche ihr alles Gute! Ich wollte noch zwei Kerzen anzünden, aber alle Gefäße sind bereits mit brennenden Teelichtern gefüllt. So gönne ich mir noch einen Moment vor dem Altar - in Gedanken versunken - ehe ich von der kleinen Kapelle an der Hilligen Seele Abschied nehme. Nur Gott weiß, ob und wann ich wieder hierher komme. WissenswertesDie Kapelle blickt auf eine mehr als 1000 Jahre alte Vergangenheit zurück Unweit der Kapelle verläuft die alte Pilger- und Handelsstraße von Hamburg über Frankfurt nach Mainz. Als einzig verbliebenes Gebäude der alten Sachsensiedlung Eilhardinghausen steht sie in der Nähe von Dörenhagen unter uralten, schattigen Lindenbäumen und ist seit Jahrhunderten ein Gebetsort tiefgläubiger Kreuzverehrung. Um das Jahr 772 herum wurde zunächst eine Holzkapelle errichtet, die dann um die Jahrtausendwende von einem Steinbau abgelöst wurde. Im Jahr 1406 wurde die Kapelle vom Eremiten Conrad um einen Fachwerbau erweitert. Die Kapelle wurde immer wieder geplündert, bis sie im dreißigjährigen Krieg (1646) von schwedischen Soldaten zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde sie aus heimischen Bruchstein neu aufgebaut. Seit der Zeit der Kreuzfahrer soll sich hier eine Kreuzpartikel befunden haben. Für den Namen "Hillige Seele" gibt es verschiedene Deutungsversuche, von denen aber keiner gesichert ist. Fotografien |
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